Das große Sommervorbereitungs-Interview mit Christian Leben
„Eine Saison voller Highlights – auch wenn der ganz große Wurf ausblieb“ - Ein Interview mit unserem sportlichen Leiter Christian Leben vor dem Start in die Vorbereitung.
Christian, die Oberliga-Saison ist nun seit vier Wochen vorbei. Wie fällt Dein Fazit aus?
„Rückblickend war es eine wirklich außergewöhnliche Saison. Wir sind im Sommer mit einer sehr jungen Mannschaft gestartet – neben Timo Brauer kam ja so gut wie kein externer Neuzugang hinzu, fast ausschließlich Spieler aus der eigenen Jugend mussten wir integrieren. Dass die Jungs dann so eine starke Entwicklung nehmen und eine derart überzeugende Saison spielen, war beeindruckend. Unser offensiver Spielstil hat nicht nur uns, sondern auch die Zuschauer begeistert. Besonders stolz macht uns, dass dann drei unserer Spieler den Sprung in den Profifußball geschafft haben – das ist ein starkes Zeichen für unsere Arbeit und zeigt, was im beschaulichen Schonnebeck alles möglich ist. Natürlich gehört zur Wahrheit aber auch, dass wir den möglichen Aufstieg am Ende knapp verpasst haben. In der Rückrunde konnten wir das hohe Niveau der Hinserie nicht ganz halten. Gleichzeitig hat Velbert Woche für Woche konstant abgeliefert – das war sehr stark und verdient Respekt. Trotzdem überwiegt bei mir ganz klar das Positive. Es war eine Saison mit vielen emotionalen Momenten, sportlichen Highlights und einer Mannschaft, die sich mit Leidenschaft und Teamgeist präsentiert hat. Darauf können wir wirklich stolz sein.“
Auf dem Papier sieht es jetzt nach einem größeren Umbruch aus. Wie groß sind die Veränderungen tatsächlich?
„Die nackten Zahlen – 12 Abgänge, 14 Neuzugänge – lassen zunächst auf einen großen Umbruch schließen. Doch wir haben bewusst darauf geachtet, das defensive Fundament der Mannschaft zu erhalten. Die größten Veränderungen betreffen den Offensivbereich, da wir dort mit Arne, Artur und Conor drei unserer Leistungsträger verloren haben. Diese Abgänge standen frühzeitig fest, sodass wir ausreichend Zeit hatten, gezielt darauf zu reagieren. Ich bin überzeugt, dass uns das im Rahmen unserer Möglichkeiten sehr gut gelungen ist. Wir konnten viele spannende Spieler für uns begeistern – darauf dürfen sich unsere Zuschauer freuen.“
Mehr Zugänge als Abgänge – wird der Kader dadurch größer?
„Ja, das war eine bewusste Entscheidung. Zum einen mussten wir zweigleisig planen, da ein Aufstieg in die Regionalliga mit deutlich höheren körperlichen Anforderungen verbunden gewesen wäre. Zum anderen hat die Analyse der vergangenen Saison gezeigt, dass wir unseren intensiven Spielstil nicht über die gesamte Spielzeit aufrechterhalten konnten. Einige Spieler waren dauerhaft im roten Bereich, weil die Kaderbreite insbesondere im Offensivbereich nicht ausgereicht hat und sich kaum Alternativen aufgedrängt haben. Mit einem größeren Kader können wir künftig besser auf Belastungen, Formschwankungen und Verletzungen reagieren. Zudem erhöht sich der Konkurrenzkampf – das kann und sollte die Leistung jedes Einzelnen fördern. Die Herausforderung wird sein, aus der Vielzahl an Spielern eine funktionierende Einheit zu formen. Aber das ist im Grunde genommen auch nichts Neues für uns.
Welche Rolle spielen die erfahrenen Spieler in diesem neuen Gefüge?
„Eine sehr zentrale. Junge Spieler bringen viel Talent und Energie mit, aber ohne erfahrene Führungsspieler fehlt oft die nötige Stabilität. Unsere Routiniers sind wichtige Bezugspersonen – sie geben Orientierung, übernehmen Verantwortung und greifen auch mal ein, wenn etwas nicht rund läuft. Gerade für unsere vier Neuzugänge, die in ihr erstes Seniorenjahr starten, wird das enorm wertvoll sein. Diese Mischung aus Erfahrung und jugendlichem Ehrgeiz ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.“
Was steht in der Vorbereitung im Fokus – und wann geht es los?
„Wir starten am Donnerstag, den 3. Juli, in die Vorbereitung. Bis zum ersten Pflichtspiel im Verbandspokal bleiben uns dann fünfeinhalb Wochen. In dieser Zeit absolvieren wir acht Testspiele, können somit allen Spielern ausreichend Einsatzzeit geben, um sich zu präsentieren und die Abläufe zu festigen. Die Schwerpunkte liegen zunächst auf Fitness, Athletik und taktischen Grundlagen. Im weiteren Verlauf rücken technische Inhalte stärker in den Fokus. Über allem steht jedoch die Teamentwicklung – gerade bei so vielen Neuzugängen ist es entscheidend, schnell ein starkes Miteinander zu formen.“
Zum Schluss: Was ist das Ziel für die neue Saison?
„Mein persönlicher Anspruch ist klar: Wir wollen den nächsten Schritt gehen. Nach dem letzten Spieltag habe ich gesagt: ‚Dann steigen wir eben nächstes Jahr auf.‘ Das war vielleicht nicht die diplomatischste Aussage – aber sie zeigt, wie groß unser Ehrgeiz ist. Wenn es dann nicht wie erhofft läuft, wird man schnell mit dem wenig schmeichelhaften Etikett des ‚selbsternannten Favoriten‘ abgestempelt. Das ist mir bewusst – dennoch überwiegt meine Überzeugung von der Qualität und Mentalität unserer Mannschaft. Natürlich wissen wir, dass die Konkurrenz stark ist. Die zuletzt auf den Plätzen drei bis sechs rangierenden Teams, dazu Uerdingen und Ratingen – sie alle erwarten wir im oberen Drittel. Aber wir haben eine Mannschaft mit enormem Potenzial. Wenn wir schnell als Einheit zusammenfinden, brauchen wir uns vor niemandem zu verstecken. Seit unserem Aufstieg in die Oberliga vor zehn Jahren haben wir uns kontinuierlich weiterentwickelt – sportlich wie strukturell. Vier Vizemeisterschaften, davon zwei jetzt in Folge, sprechen eine klare Sprache. Und bevor sich der Spitzname ‚Vizebeck‘ etabliert, wollen wir endlich den nächsten Schritt machen. Dabei ist uns bewusst, dass wir in der Oberliga gut aufgehoben sind und eine Liga höher auch viel Lehrgeld zahlen würden. Aber ich sage immer: Der schlechteste Versuch ist der, den man nicht unternimmt.“